Im Juni 1949 wurde der Bund Deutscher Steuerbeamten (BDSt) gegründet. Nicht viel später, am 26.09.1949, legte man mit der Gründung des Landesverbands Rheinland-Pfalz den Grundstein für den heutigen DSTG-Landesverband.
Zunächst noch in zwei Bezirksverbände für das Rheinland und die Pfalz aufgeteilt, schlossen sich diese beiden im Jahr 1959 zu einem Verband für ganz Rheinland-Pfalz zusammen. in guter Grund zum Feiern, dachte sich die amtierende Landesleitung und lud am 04.09.2024 neben den Ortsverbandsvorsitzenden, den Amtsleitungen und weiteren Ehrengästen und Vertretern aus Politik und Verwaltung in die Ortsgemeinde Hackenheim im Landkreis Bad Kreuznach ein, um im Bonnheimer Hof in einer festlich stilvoll historischen Kulisse den 75. Jahrestag zu begehen.
Nachdem sich alle Festgäste eingefunden hatten, konnte die Veranstaltung pünktlich eröffnet werden, standen doch einige Punkte auf dem straffen Nachmittagsprogramm. Den Höhepunkt, so waren sich sicherlich alle einig, lieferte Adam Benner im Interview mit Sascha Dietz. Hierzu aber später mehr.
Ebenso feiert er am 04.09. in diesem Jahr auch seinen 26. Hochzeitstag. Zum Jubiläumstag verwies Stefan Bayer auch auf die Chronik anlässlich des Jubiläums, die ein hartes Stück Arbeit war, gerade vor dem Hintergrund der Entsorgung vieler Dokumente aus den Anfangszeiten.
Und trotzdem ist diese gelungen, vor allem auch durch die Hilfe des Pensionärs Walter Zimmer, der im stolzen Alter von 101 Jahren noch vieles zu den Anfängen der DSTG berichten konnte. Herr Zimmer war nicht nur bei der Gründung dabei, er war auch im Landesvorstand tätig.
Der stellvertretende Landesvorsitzende Jens Vernia eröffnete die Veranstaltung, begrüßte die Ehren- und Festgäste und konnte noch mit einer treffenden Analogie drei weiterer Jubiläen aufwarten. Er verwies auf das Grundgesetz, welches bereits am 23.05.1949 veröffentlicht wurde. Peter Maffay erblickte am 30.08.1949 das Licht der Welt und ebenso jährt sich am 04.09.2024 zum 75. mal der Tag, an dem die erste Currywurst in Berlin-Charlottenburg über die Ladentheke gegangen sein soll, so Wikipedia und die morgendliche Radiomeldung. Aber was haben diese drei Jubiläen mit der DSTG gemein?
Verlässlich, beständig und sicher wie unsere Bundesrepublik mit deren Grundgesetz, rockig und knackig wie unser Altrocker Peter Maffay und es war uns immer ein Genuss, wenn wir in den letzten siebeneinhalb Jahrzehnten Erfolge feiern konnten. Stefan Bayer schloss sich den Worten seines Vorredners an und konnte mit weiteren Jubiläen aufwarten. So ist er am 75. Jahrestag der DSTG bereits seit 20 Jahren Landesvorsitzender.
In seiner Rede verwies Stefan Bayer auch auf einige besondere Punkte aus 75 Jahren Gewerkschaftstätigkeit. In den Anfängen wurde von den Besatzungsmächten ein föderalistischer Aufbau vorgegeben und man musste die fest verwurzelten Überbleibsel und Strukturen der Reichssteuerverwaltung überwinden bzw. abschütteln. Am Anfang war die Skepsis gegenüber gewerkschaftlicher Arbeit groß. Entgegen dieser Zweifel konnte jedoch eine moderne, verfahrensorientierte und schlagkräftige Interessenvertretung aufgebaut werden, die bis heute noch besteht. Außergewöhnlich ist auch die ständige Wiederkehr der Streitpunkte zwischen Regierung, Dienstherrn und Fachgewerkschaft.
So bildeten eigentlich in fast gleichbleibenden Zyklen die Themen Besoldung, Personalsituation, vereinfachtes Steuerrecht, Arbeitsbedingungen, Ausstattung, Versorgung, Ausbildung und Beförderungssituation in all den Jahren die Grundlage gewerkschaftlichen Handelns. Auch Steuergerechtigkeit und Verfolgung von Steuerhinterziehung waren zeitweise wichtige Themen.
Ebenso ist die heutige Abwanderungsproblematik zur Bundeswehr in der Erwartung besserer Rahmenbedingung nicht neu. Bereits im Jahr 1955 haben viele Finanzbeamte den Weg in die neu gegründete Bundeswehr gesucht, wegen der damals schon besseren beruflichen Möglichkeiten.
Auch wenn es der DSTG bis heute nicht gelungen ist, eine Anhebung der Eingangsämter zu erreichen, konnte sie jedoch in den Achtzigern eine umgesetzte Absenkung auf A8 im dritten EA rückgängig machen und eine beabsichtigte unter Ministerpräsiden Beck verhindern.
Eine der größten Untaten, so Bayer, erfuhren die Beamten mit dem verhängten Beförderungsstop im Jahr 2003, der den Bediensteten heute noch präsent ist. Auch die 5 mal 1 Prozent-Besoldungsanpassung die auf Druck der Gewerkschaft nach 3 Jahren beendet wurde, war eine düstere Erfahrung.
Umso größer ist die Freude über die heutige Personalpolitik mit zugesicherter Übernahme des Tarifergebnisses und steigenden Beförderungszahlen bei gleichzeitig kürzer werdenden Wartezeiten. Er hielt hierbei aber auch nochmal fest, dass die Umsetzung gewerkschaftlicher Forderungen ein steiniger Weg ist und zähe Verhandlungen über einen langen Zeitraum nötig sind. Die Gewerkschaft muss in ihrem Handeln sehr ausdauernd sein, um Verbesserungen zu erreichen.
Im Anschluss gratulierte Staatssekretär Dr. Stephan Weinberg in seinem Grußwort der DSTG zum Jubiläum und überbrachte außerdem herzliche Glückwünsche unserer Finanzministerin Doris Ahnen. In seiner Ansprache lobte er den guten Ton und die Offenheit der Gewerkschaft, wenn es um Veränderungen in der Organisation oder Abläufe in der Finanzverwaltung geht. Wenn neue Systeme eingeführt oder neue Steuergesetze im Arbeitsablauf umgesetzt werden mussten, dann hat auch die DSTG dies gestalterisch begleitet. Durch die Gewerkschaft wurden auch gute Ideen eingebracht und in konstruktiven Gesprächen tragfähige Lösungen gefunden. Besonders hervorgehoben hat Herr Weinberg die Verbesserungen der Arbeitsbedingungen in den letzten Jahren, das mobile Arbeiten als auch die Neustrukturierung der Veranlagungsbereiche.
Auch äußerte er sich zur fehlenden natürlichen Lobby der Finanzverwaltung. Während zum Beispiel Polizisten und Lehrer durch ihr Tun in der Bevölkerung eine starke Lobby aufbauen konnten, bleibt die Finanzverwaltung hier eher auf der Strecke, denn wer zahlt schon gerne Steuern!
Aber gerade ohne diese läuft der gesamte Staatsapparat nicht. Es gäbe keine Polizisten, Lehrer oder all die anderen, die ihren Dienst im Auftrag der Bürger tun. Um die Finanzverwaltung in das rechte Licht zu rücken, lässt das Ministerium - und hier besonders auch Ministerin Ahnen - keine Gelegenheit aus, dies in aller Deutlichkeit zu betonen.
Am Ende bedankte sich Dr. Weinberg bei Stefan Bayer für den guten Umgang. Auch wenn man nicht immer einer Meinung sei, so sei am Ende des Tages wichtig, dass man ein Ergebnis erziele, mit dem sowohl die Interessenvertretung als auch das Ministerium leben könne.
Nun war es soweit. Der nächste Redner war der Höhepunkt des Tages. Der stellvertretende Landesvorsitzende Sascha Dietz und der Pensionär Adam Benner gingen zum gemeinsamen Interview auf die Bühne. Sascha Dietz startete mit einem Vorwort. Hierbei ging er auf die Vorüberlegungen ein, welches Programm bei der Jubiläumsfeier geboten werden sollte. Er betonte noch einmal die Wichtigkeit von Zeitzeugen, die aus ihrem Erfahrungsschatz sprechen können und somit wichtiger Bestandteil der Aufarbeitung der letzten 75 Jahre sind.
Zum einen wurde so die Chronik ergänzt, aber schöner sei doch der Bericht von jemandem, der von Anfang an dabei war. Die DSTG hatte zum Zeitpunkt der Jubiläumsfeier drei Mitglieder, deren Alter mittlerweile dreistellig ist. Der älteste ist Fritz Gielsdorf vom Ortsverband Neuwied. Er erblickte am 29.04.1923 das Licht der Welt und ist somit mittlerweile 101 Jahre alt.
Walter Zimmer vom Ortsverband Bingen-Alzey feierte am 07.07.2024 ebenfalls seinen 101. Geburtstag. Beide konnten bei der Feier leider nicht dabei sein, ließen aber die besten Grüße ausrichten. Das Nesthäkchen im Bunde, Ehrengast und Zeitzeuge Adam Benner vom Ortsverband Kusel-Landstuhl, Steueramtsrat a.D., feierte am 13.08.2024 seinen 100. Geburtstag. Er ist DSTG-Mitglied seit 01.09.1950 und somit auch ein Mitglied der ersten Stunden.
Adam Benner erzählte aus seinem bewegten Leben. Der Weg in die Finanzverwaltung sollte noch einige Jahre auf sich warten, denn er startete seinen Werdegang vor dem Krieg. Er ging in die weiterführende Schule, der Regelfall war das aber nicht. So bestand die Gymnasiumsklasse nur aus einer Handvoll Schülern aus mehreren Orten. In Kusel gab es damals nur sechs Klassen und um das Abitur abzulegen, musste er entweder nach Kaiserslautern oder Zweibrücken fahren.
Wegen des Krieges hatte man das Notabitur eingeführt, weshalb die Schüler nur acht statt neun Jahre auf dem Gymnasium verbringen mussten. Nach der Schule erhielt er den Einberufungsbefehlnund wurde in Landau eingezogen. Bei der Wehrmacht hat er seine Ausbildung absolviert und ist dann in die Offizierslaufbahn gewechselt. An der Front wurde er in der Ukraine eingesetzt. 1945 war er an der Oder Kompanieführer einer Panzertruppe. Durch eine glückliche Fügung wurde er am 16.04.1945 nur circa dreieinhalb Stunden vor dem Großangriff durch die russischen Streitkräfte vom Divisionskommandeur an einen Truppenübungsplatz an der Ostsee abkommandiert.
Das Ende des Krieges überstand er unbeschadet. Nach dem Krieg musste er sich neu orientieren. Ein Studium kam nicht in Frage, da die finanziellen Mittel fehlten. Zunächst fing er bei einer Versicherung an. Ein guter Bekannter vom Finanzamt nahm ihn von dort zu sich und gab ihm Buchführungsunterricht. Dieser Bekannte verhalf Adam Benner schließlich zu einer Anstellung im öffentlichen Dienst. Auf eine erste telefonische Anfrage beim zuständigen Landesamt kam die Antwort, dass nur Katholiken eingestellt würden, Adam Benner aber war Protestant. Also wurde es wieder nichts mit einer Anstellung bei der Finanzverwaltung.
Ein halbes Jahr später wurde Herr Benner wieder vorstellig beim Finanzamt und ausnahmsweise sollte er jetzt auch angenommen werden. So wurde er am 16.02.1948 in Kusel erst als Angestellter eingestellt, wechselte später in den mittleren Dienst und wurde 1953 „entnazifiziert“. So hat es nochmal fünf Jahre in der Finanzverwaltung gedauert, bis er das machen konnte, was er immer wollte und bekam die Zulassung für den gehobenen Dienst. Nach seiner Ausbildung kam er zurück ins Amt nach Kusel und saß auf einer sogenannten Kombistelle mit Personengesellschaften, Körperschaftsteuer, Freiberuflern und Amtsangehörigen. In diesem Arbeitsgebiet wurden damals 2.500 Signale geführt. Dann ging es in die Führungsebene. Von 1975-1981 war er Sachgebietsleiter einer Arbeitnehmerstelle in Neustadt II und kam dann wieder an seine alte Wirkungsstätte Kusel zurück. Dort blieb er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1985. Arbeit war für ihn immer sehr wichtig. Auch in der Pension wirkte Herr Benner als Ortsbürgermeister weiter und ließ sich zum Steuerberater bestellen. Bis zum 80. Lebensjahr hat er über 200 Mandanten betreut, ohne Computer, alles noch in Papierform. Leider musste dann viel elektronisch erledigt werden, weshalb er im Alter von 80 Jahren auf der Volkshochschule einen Computereinführungskurs besuchte.
Dort war er der älteste von neun Teilnehmern und wurde vom Kursleiter als bester Schüler entlassen.
Er praktiziert bis heute als Steuerberater und übermittelt mittlerweile alle Erklärungen vollelektronisch. Zum Abschluss wollte Sascha Dietz gerne noch wissen, wie Herr Benner zur DSTG gefunden hatte. Schließlich ist er bereits seit 74 Jahren Mitglied. Herr Benner traf in den Anfangsjahren auf Fritz Müller, den späteren Landesvorsitzenden, der aus seiner Sicht unglaublich schwere und gute Basisarbeit geleistet hatte und ihn in Kaiserslautern für die DSTG warb. In der Nachkriegszeit waren viele Menschen vorsichtig geworden, was Vereinigungen oder Verbände betraf.
Trotzdem stellt Herr Benner abschließend noch einmal heraus: „Ohne die DSTG wären viele Ziele gar nicht erreicht worden, der Dienstherr hätte mit uns gemacht was er wollte. Und deshalb bin ich froh auch heute noch in der Gewerkschaft zu sein.“ Ganz genau erinnern kann er sich zum Beispiel noch an die Notverordnung Anfang der Fünfzigerjahre. In dieser Zeit wurden die Beamtenbezüge um sechs Prozent gekürzt.
Mit einem Vortrag zur Zukunft der Steuerverwaltung rundete unser DSTG-Bundesvorsitzender, Florian Köbler das Programm ab. Auch er stellte in seiner Rede noch einmal fest, dass sich sowohl in der Landes- als auch in der Bundeschronik die Themen immer wieder wiederholen.
Neben den wohlwollenden Grußworten mahnte er jedoch an, dass die Finanzverwaltung auf sehr schwierige Zeiten zusteuert. Es besteht ein immer dramatisch werdender Fachkräftemangel. Alleine in der Finanzverwaltung in Bayern bleiben hunderte Anwärterstellen bereits heute einfach unbesetzt und dies sei erst der Anfang. Ab 2028 wird die Babyboomer-Generation erst richtig in Pension abwandern. Er prangerte an, dass die Verwaltung viel mehr in Sachen Digitalisierung und Vereinfachung im Steuerrecht tun müsse. Natürlich wisse auch er, dass Veränderungen nicht leicht umzusetzen sind. So berichtete Florian Köbler von einer Besprechung mit dem Steuerabteilungsleiter im Bundesfinanzministerium, der in der Bundesgeschäftsstelle der DSTG zu Besuch war. Beide waren sich einig, dass Veränderungen dringend notwendig sind.
Der Leiter fragte Florian daraufhin, ob es nicht bereits Konzepte gäbe, die eine Vereinfachung im Steuerrecht herbeiführen könnten. Natürlich gibt es diese. Jedoch sei das Problem bei jeder Veränderung, dass einzelne Verbände sofort Sturm gegen gerade diese Veränderung laufen würden. So machte er am Beispiel der abzugsfähigen Handwerkerleistungen deutlich, wie der Handwerkerverband sofort auf der Matte steht, weil hier Anreize weggenommen würden und Handwerker weniger Aufträge bekämen.
Tatsächlich ist es eine Wunschvorstellung, allen Verbände an einen Tisch zu bekommen um gemeinsam Lösungen zu finden. Aber der Anfang sei gemacht und man stehe in engem Kontakt mit der Politik. Im Anschluss gab Florian Köbler noch einen interessanten Ausblick auf den Einsatz künstlicher Intelligenz, wie sie bereits heute in der freien Wirtschaft eingesetzt wird. Hier könnte sich die Finanzverwaltung ein Beispiel nehmen um sich zeitnah zukunftssicher aufstellen zu können.
Zum Abschluss bedankte sich Stefan Bayer bei den Rednern für ihre interessanten Beiträge. Insbesondere richtete er seinen Dank an Adam Benner. Es sei eine Ehre für die DSTG gewesen, ihn erleben zu dürfen. Außerdem galt sein Dank auch den Helfern und dem Landesvorstand für eine gelungene Jubiläumsfeier. Im Anschluss an den offiziellen Teil fanden sich die Festgäste bei einem Umtrunk noch zusammen und tauschten sich untereinander aus. Einig waren sich alle über eine gelungene Veranstaltung.